Episode 21 – Personalentwicklung neu denken

auf der Suche nach neuer Kompetenz

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Viele Personalentwicklungen in unseren Krankenhäusern fristen ein Schattendasein. Sie agieren oft fern ab vom operativen Patientenbetrieb, quasi aus dem Off der Zentralen heraus. Ich erkenne selten eine enge und bedeutsame Anbindung an die Unternehmensführung. Ihr Wert wird verbal durchaus hoch eingeschätzt. Doch: ihre Wirkung und damit ihr wirklicher Wert ist weitgehend unbekannt. Der klassischen Personalentwicklung fehlt ein konkretes Ziel – und damit entzieht sie sich jeglicher Bewertung und Wirkungseinschätzung. Ohne Wert keine Bedeutung. Dieser Satz gilt praktisch immer. Dabei könnten die sehr oft sehr kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Abteilungen erheblich wirksamer agieren, wenn sie konkreten Zielen folgen könnten und ein geeigneter struktureller und organisatorischer Rahmen geschaffen würde.

Wie wir Personalentwicklung neu denken und neu ausrichten können, darum geht es in dieser 21. Episode.

Alles für den Prozess

Konkrete Ziele für administrative Bereiche zu definieren ist etwas aus der Mode geraten. Man könnte nun etwas defätistisch spekulieren, warum das so ist. Das gehört jedoch nicht hier her. Auf jeden Fall ist das kein leichtes, aber um so wichtigeres Unterfangen.

Ziele schaffen Transparenz und erzeugen einen gewissen Handlungsdruck. Vor allem jedoch schaffen sie die notwendige konkrete Orientierung für das eigene Handeln. Ohne Orientierung ist ja irgendwie immer alles richtig, solange es nur halbwegs produktiv aussieht und sich vorzeigbare Aktivitäten nachweisen lassen. Eine Aktivität gibt für sich genommen aber leider keine Auskunft über ihre Wirkung. Und am Ende interessiert nur das: die Wirkung.

Suchen wir also nach einem Ziel. Aus meiner Perspektive muss jede Administrative Funktion einen Beitrag dazu leisten, dass die Behandlung von Patienten qualitätsgesichert, effizient, strukturiert und verschwendungsarm vonstatten geht. Das primäre Augenmerk eines Krankenhauses ist darauf ausgerichtet. Eine klare Prozessperspektive. Alles für den Prozess. Außerdem wollen wir nicht nur herausragende Prozesse für unsere Patientinnen und Patienten und unsere Mitarbeitenden, sondern wir wollen eben auch, dass ebendiese Prozesse kontinuierlich besser werden. Unternehmensweit und in einem hohen Tempo.

Sie werden es ahnen: für mich ist lean werden und die damit automatisch einhergehende kontinuierliche Verbesserungsarbeit mit Teamboarding als Führungs- und Verbesserungssystem die zentrale Herausforderung und Aufgabe des nächsten Jahrzehnts. Es gibt noch andere. Doch ohne herausragende Prozesse wird es für viele Krankenhäuser schwer werden. Und von herausragend sind die meisten doch noch ein paar Schritte entfernt.

Episode 21 bei Spotify: Personalentwicklung neu denken

Personalentwicklung – das Ziel

Und damit landen wir automatisch in der Personalentwicklung.

Jetzt stellen sich sehr konkrete Fragen:

Welchen Beitrag leistet die Personalentwicklung zum Erfolg des Unternehmens und zu seinem primären Ziel: Lean Teamboarding? 

Welchen Beitrag leistet sie dafür, die besten Behandlungsprozesse aller Zeiten zu realisieren? 

Welchen Beitrag leistet sie dafür, dass Mitarbeitende kontinuierlich an der Verbesserung ihrer Prozesse arbeiten? So ist es im Lean Hospital angelegt.

Ich habe bislang leider nicht davon gehört, dass solche Fragen konkret gestellt und beantwortet worden wären. Wenn wir uns einige Fortbildungskataloge großer Krankenhausunternehmen ansehen, so gleichen nicht wenige Fortbildungskataloge dem Volkshochschulprogramm einer mittelgroßen Stadt. Für alle ist etwas dabei. Von Yoga, über Rhetorik für Anfänger, wie führe ich meine Vorgesetzten oder, auch sehr beliebt, Projektmanagement. Warum so viele Mitarbeitende Projektmanagementschulungen absolvieren sollen, das hat sich mir im Übrigen nie vollständig erschlossen

Dabei macht PE ihren Wertbeitrag häufig daran fest, wie viele Fortbildungsangebote, Trainings oder Seminare in einem Jahr auf die Beine gestellt worden sind und viele Mitarbeitende an solchen Maßnahmen teilgenommen haben. Sie lassen die Teilnehmenden die Veranstaltung ausgeklügelt bewerten. Nichts davon sagt etwas über die Wirksamkeit dieser PE-Maßnahmen in die Organisation hinein aus. Viel hilft nicht immer viel. Und gute Trainer schaffen es immer, eine Veranstaltung zu einem guten Erlebnis zu machen. Doch dann steht der nächste Montag vor der Tür.

Mein Eindruck ist nicht, dass wir so echte Wirksamkeit erzielen oder eine effiziente PE erschaffen.

Was wäre also richtig und wichtig? Wie lassen sich PE-Ziele konkretisieren?

Für mich würde immer gelten: Wenn wir über knappe Ressourcen verfügen – sowohl in der PE, als auch bei unseren Mitarbeitenden in den Behandlungsbereichen – dann konzentriere ich mich konkret auf wenige, dafür aber zentrale und wichtige Aufgaben. Ich setze Prioritäten und bemühe mich um höchstmögliche Wirkung, orientiert an den gesetzten Zielen.

Die Fragen zum Ziel lauten: Was braucht die Organisation, was brauchen Mitarbeitende und was braucht Führung, um die bestmöglichen Prozesse zu kreieren, um eine kontinuierliche, unternehmensweite Veränderungsfähigkeit herzustellen?

Es braucht – allgemein gesprochen – neue Führungs-, Organisations- und Veränderungs-Kompetenzen in der gesamten Breite der Organisation. Genau an diesen Kompetenzen mangelt es heute fundamental. Weder Ärzte noch Pflegende, um einmal bei den beiden Hauptgruppen zu bleiben, haben im Studium oder in der Ausbildung solche Kompetenzfelder prominent gelernt.

Mehr noch: Wir benötigen nicht irgendwelche beliebigen Führungs-, Organisations- und Veränderungskompetenzen. Wir brauchen spezifische Lean-Teamboarding-Kompetenzen.

So nähern wir uns Stück für Stück den konkreten Zielen der Personalentwicklung von morgen. Das neue, das erklärte Ziel der Personalentwicklung von morgen besteht darin, die Organisation, ihre Mitarbeitenden und ihre Führungskräfte in die Lage zu versetzen, die Umsetzung dieser neuen Unternehmensstrategie zu leisten und genau diese Methoden im Alltag immer professioneller anzuwenden. Alle Mitarbeitenden und Führungskräfte sollen dazu beitragen, kontinuierlich und höchst professionell ihre Organisation zu leben, zu verbessern und zu führen. 

Effizientes Arbeiten will ebenso gelernt sein, wie echte Verbesserung und innovative Führung. Nichts fällt vom Himmel. Was man tun soll, muss man halt auch können.

Das bedeutet: Jede PE-Maßnahme verfolgt in Zukunft genau diese Strategie und die daraus abgeleiteten Ziele. Wirksam, erkennbar und bewertbar.

Nebenbei erwähnt für alle Ökonomen unter uns: Ich möchte gerne für jeden Euro, den ich in die Personalentwicklung investiere, mindestens das Fünffache zurückbekommen. Oder das Zehnfache. Ganz wie sie mögen.

Vortrag auf dem „lean around the clock 2019“

Kompetenzinhalte

Um welche Kompetenzen könnte es gehen?

Ich gebe Ihnen an dieser Stelle einmal einige Beispiele, die mir spontan in den Sinn kommen.

Pflegende, Ärztinnen und Ärzte und alle anderen patientennah wirkenden Mitarbeitenden sollten das komplexe Wesen von Behandlungsprozessen bewusst sein. Sie sollten Verschwendung und Störungen erkennen. Weil in der Logik von Lean letztlich alle Mitarbeitenden in die gemeinsame Verbesserungsorganisation eingebunden werden, wäre es extrem hilfreich, wenn sie sich in lösungsorientierter Problem- bzw. Ursachenanalyse üben würden. Um einmal ein paar, sehr konkrete Anforderungen zu definieren.

Oder: Im Teamboarding ist es üblich, Boardverantwortliche in jedem Organisationsbereich zu benennen. Sie sollten in der Lage sein, effizient zu moderieren, am Flipchart zu visualisieren und grundlegende Techniken der Prozessentwicklung zu beherrschen.

Oder: Leitungskräfte, wie beispielsweise Stationsleitungen, Pflegebereichsleitungen, Oberärztinnen und Oberärzte oder auch Chefärztinnen und Chefärzte sollten die Techniken regelbasierter Arbeit beherrschen und in ihren Leitungsalltag umfassend integrieren. Ohne echte Regelarbeit und regelorientiertes Führen wird es niemals bessere Prozesse geben.

Noch ein paar weitere Beispiele:

Interne Lean-Coaches könnten ihr Wissen über Lean- bzw. Prozessmethoden, Konfliktmoderation oder auch Visualisierungstechniken erweitern.

Führungskräfte bis hinauf zur Geschäftsführung bzw. dem Vorstand könnten ihre Fähigkeiten in dezentraler bzw. agiler Führung erweitern oder gezielte persönliche Coaching-Unterstützung in Anspruch nehmen. Für viele bedeutet diese agile Praxis vor Ort ein echtes Umdenken und eine echte Herausforderung.  Glauben Sie mir: die Anforderungen an Führung verändern sich gewaltig.

Solche Kompetenzfelder beschreiben einen ersten, aber wichtigen Ausschnitt dessen, was alles notwendig und wünschenswert wäre. Mit der Zeit.

All diese Wissensfelder lassen sich konkretisieren und auf klar abgegrenzte Mitarbeitergruppen recht passgenau zuschneiden.

Konkretisieren bedeutet unter anderem, dass die Methoden und die Inhalte von Trainingsprogrammen sehr genau definiert werden. 

Ich würde niemals ein Moderationstraining unspezifisch ausschreiben und daraufhin die vermeintlich beste oder gar billigste Trainerin auswählen. Oder Trainer natürlich. Oder vielleicht sogar gleich mehrere, unterschiedliche, mit diversen Lehrmeinungen oder konkurrierenden Schulen folgend.

In diesem System wird es sehr konkret. Soll beispielsweise ein Moderationstraining mit einem externen Trainer aufgelegt werden, dann lautet die zentrale Frage: Wo muss was moderiert werden und wie möchte das Unternehmen genau, dass moderiert wird. Soll heißen: Das Unternehmen gibt das Konzept und die Inhalte vor, weil es damit auch die wahrscheinliche Wirkung in der Organisation vorwegnimmt. 

Im Teamboarding treten beispielsweise zwei Standardsituationen auf, in denen gute Moderation wünschenswert ist: im Boarding und im Teamwork. Wie moderiert man also professionell ein Boarding? Wie moderiert man professionell ein Teamwork? Die Lerninhalte folgen immer und ausschließlich konkret der anzuwendenden Methode.

Wir trainieren nicht mehr irgendetwas und schon gar nicht auf Vorrat.

Auf diese Weise lässt sich mit der Zeit ein geschlossenes, unternehmensweites Führungs- und Organisationskonzept wie Lean Teamboarding aufbauen und im Unternehmen nachhaltig verbreiten bzw. dauerhaft aufrechterhalten.

Nicht die Trainer bestimmen die Methode oder das Ergebnis, sondern das Unternehmen.

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Der Lerntheorie folgen

Ein weiter Schritt in Richtung Wirksamkeit von Personalentwicklungsmaßnahmen besteht darin, die fundamentalen Erkenntnisse der Lerntheorie anzuerkennen.

Eine der zentralen Erkenntnisse besteht darin, dass Lernen auf Vorrat ziemlich vergebene Liebesmühe bedeutet. Eine gewaltige Verschwendung von Zeit und Geld. Ein Training allein macht noch nicht einmal einen mittelmäßigen Herbst, geschweige denn einen Sommer.

Lediglich ca. 10 Prozent der menschlichen Kompetenzen entstehen in einem Training. Etwa 70 Prozent durch Tun. Die letzten 20 Prozent entstehen durch arbeitsnahes Coaching und konkrete Anleitung während des Tuns.

Wenn eine Organisation mit knappen Ressourcen wirksam Kompetenzen aufbauen möchte, dann nimmt jeder Mitarbeitende an den Trainings teil, dessen Inhalte er oder sie möglichst sofort im Alltag anwenden kann. Ein Training ohne sofortigen Einsatz des Gelernten bleibt weitgehend folgenlos.

Darüber hinaus sorgt die Personalentwicklung dafür, dass Mitarbeitende operativ und im Arbeitsalltag praxis-, also arbeits- bzw. situationsnah gecoacht werden. Entweder durch PE-Mitarbeitende selbst, durch ihre Vorgesetzen, ihre Kolleginnen und Kollegen oder bspw. durch interne Lean-Coaches bzw. Prozess-Coaches.

Nur so entsteht echtes Lernen, dessen Wirkungen wir in der Organisation erleben werden.

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Der Roman beschreibt die Entwicklung eines ganz normalen Krankenhauses auf dem Land, das sich in kürzester Zeit aus dem engen Regiment eines börsennotierten Krankenhauskonzerns befreit und sich zu einem selbständigen, wirklich patienten-, versorgungs- und mitarbeitergetriebenen Krankenhaus entwickelt. Dieses Krankenhaus will anders sein als die anderen. Besser für seine Patienten und für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und wirtschaftlicher. Es hat eine klare Idee von seiner Zukunft.

Der Hauptprotagonist des Romans, Felix Bender, ist Geschäftsführer eben dieses Melbecker Krankenhauses, als der Start-up-Milliardär Björn Meiersiek das Krankenhaus übernimmt. Dessen Ziel ist klar: den Grundstein für einen Krankenhauskonzern legen, der das Patientenwohl wieder in den Mittelpunkt stellt. Gemeinsam mit der Ärztin Luise Pickart macht er sich daran, das Unternehmen von Grund auf umzukrempeln. Felix Bender, in den traditionellen Sphären der Konzernkrankenhauswelt großgeworden, taucht, quasi über Nacht, ein in eine völlig neue Welt, in der die alten Regeln der Krankenhausführung auf einmal nicht mehr zu gelten scheinen. Er durchlebt im Eiltempo seinen ganz persönlichen Entwicklungsprozess, während er gemeinsam mit Luise Pickart und dem jungen Lean Manager Steffen Ganz seine Organisation konsequent neu erfindet.

Schlagkräftige Programm aufsetzen

Eine höhere Wirksamkeit im Kompetenzaufbau erzielt man, wenn sich die Organisation bzw. die Personalentwicklung auf konkrete Programme konzentriert und darauf, in ausgewählten Kompetenzfelder eine kritische Masse zu erreichen.

Wenn wir beispielsweise wollen, dass Mitarbeitende Probleme bewusster erkennen und in der Prozessentwicklung lösungsorientierter agieren, dann zieht es kaum Effekte nach sich, wenn 10 von 1000 Mitarbeitenden über solche Kompetenzen verfügen. Es fehlt schlicht die kritische Masse, um Wirkung zu erzielen. Wenn man es dagegen schaffen würde, (fast) jeden Mitarbeitenden zu schulen und jede neue Mitarbeitende in den ersten 4 Wochen nachzuziehen, wäre der Effekt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sichtbar. Irgendwo dazwischen wird die machbare Wahrheit liegen.

So macht es beispielsweise Toyota mit den weithin bekannten Kata-Fragen, die wir auch in unseren Lean-Initiativen immer öfter anwenden. Jeder neue Mitarbeitende erhält eine solche Basisschulung.

Was wäre wohl, wenn alle angehenden und aktuellen Oberärztinnen und Oberärzte oder Stationsleitungen mindestens eine unternehmensweit identische Lean-Basis-Schulung durchlaufen würden? So würden wir wenigstens vom ersten Tag an über das gleiche diskutieren. Nach oben sind der Fantasie natürlich keine Grenzen gesetzt.

Ich plädiere dafür, lieber zwei Programme richtig aufzusetzen als fünf nur sporadisch. Es geht, wie gesagt, immer um Wirksamkeit. Manchmal zählt dann eben doch Masse.

Neue Strukturen

Lassen Sie uns einmal einen kurzen Blick auf die Qualität derartiger Trainingsprogrammen werfen. Wie gesagt, das Unternehmen entscheidet über die Zielgruppen, die Methoden und die Inhalte.

Meist verhält es sich ja so, dass nicht Führung die Konzeption einer Fortbildungsmaßnahme erarbeitet. Wenn überhaupt, dann liefert sie Überschriften, Stichpunkte. Dann delegiert sie die weiteren Details z.B. an die Personalentwicklung. 

Das Problem besteht darin, dass Administrationsbereiche im Allgemeinen und Personalentwicklung eben auch, ihrem Wesen nach recht fern vom Patientengeschehen agieren. Viele Mitarbeitende kennen sich in der Krankenhaus-Prozesswelt nur rudimentär aus. Sie kennen das neue Führungs- und Verbesserungssystem lediglich vom Hörensagen. Sie entwickeln die Anforderungen dieser Instrumente und Methoden an die Mitarbeitende nicht aus eigener Anschauung, aus eigener Kompetenz. Sie erleben selten, was Führung wirklich bewegt. Die meisten von ihnen haben niemals selbst geführt. 

Schon aus diesen Gründen bilden klassische Trainingsprogramme – auch im übrigen Führungskräfteentwicklungsprogramme – nicht selten fern ab der aktuellen Realität aus. Zumindest ist das meine Meinung.

Ich glaube nicht, dass es möglich ist, sich Anforderungen an Mitarbeitende anzulesen oder sich aus der eigenen Fantasie heraus Konzepte auszudenken, von denen man glaubt, sie würden das Geschehen unterstützen. Nicht selten unterscheiden sich diverse Fortbildungs- oder Führungsprogramme schon deshalb kaum voneinander, weil sie allgemeinen Blaupausen und damit den vorherrschenden Mainstream-Curricula folgen. Austauschbar, oft wenig wirksam.

Ich gebe zu, an der Stelle bin ich recht streng und – vielleicht auch etwas altmodisch. Ich würde zum Beispiel keine Führungsschulung besuchen, die von einem Trainer oder einer Trainerin durchgeführt werden, der oder die niemals selbst geführt hat. Das nur einmal so nebenbei gesagt.

Wirksame und damit erfolgreiche Konzepte müssen von innen heraus und möglichst aus eigener Anschauung förmlich erwachsen. Probleme in der Organisation, methodische oder soziale Fehler in der Verbesserungsarbeit oder auch in der unterstützenden Führungsarbeit müssen lebendig vor Augen sein, um ihnen professionell beizukommen. 

Deswegen müssen PE-Mitarbeitende nahe bei denen arbeiten, die es wirklich angeht. Dort, wo die Musik spielt. Sie müssten Mitarbeitende im laufenden Betrieb begleiten und coachen. Wo sonst erfährt man etwas über Schwachpunkte und darüber, welche Lerndefizite existieren? 

PE-Mitarbeitende müssen – gegebenenfalls gemeinsam mit Experten – das zu Erlernende in eine spezifische Lernmethodik übersetzen. Darin besteht meines Erachtens eine ihrer Kernfähigkeiten.

Aus diesen Gründen halte ich es für einen zentralen Erfolgsfaktor, eine organisatorische Rückwärtsrolle hinzulegen. Ich plädiere für strukturelle Reformen. Das Herausziehen unterstützender Funktionen aus dem operativen Betrieb war schon immer ein unverzeihlicher Fehler. Generell sowieso, und selbstverständlich auch in der Personalentwicklung.

Die Personalentwicklung muss meines Erachtens direkt an der Geschäftsführung andoggen und idealerweise mit dem Arbeitsbereich Organisation oder/und Change Management verschmolzen werden. Organisationsarbeit ist Personalentwicklungsarbeit. Und umgekehrt.

Eines meiner Studienfächer trug noch den sperrigen Namen Personal, Organisation und Führung. Mein Studium ist zugegebenermaßen schon ein paar Tage her. Aber: Früher war halt doch nicht alles schlechter.

PE sollte also dringend ihren Elfenbeinturm verlassen und an die organisatorische Front gehen. Nur so entstehen realitätskonkrete Konzepte und sichtbarer Kompetenzaufbau in der Breite. 

Nur damit ich es einmal gesagt habe: auf keinen Fall gehört die Personalentwicklung auch nur in die Nähe einer klassischen Personalabteilung.



Zukunft des Lernens – permanentes Lernen

Neben der besagten strukturellen und inhaltlichen Neuausrichtung von PE stehen die Kolleginnen und Kollegen vor einer weiteren großen Aufgabe. Spezifisches Organisations-Lernen betrifft in Zukunft praktisch alle Mitarbeitende. Ganz im Gegensatz zu Heute. In unterschiedlicher Ausprägung und Intensität. Kompetenzaufbau nicht mit der Gießkanne, sondern sehr gezielt und streng den Unternehmenskonzepten folgend.

Doch wie kommt man überhaupt an alle Mitarbeitenden heran? Xtausend Menschen, niemand hat Zeit, Schichtdienst, unterschiedliche Interessen und Rollen. Eine echte Herausforderung, möchte man meinen. 

Die Herkulesaufgabe für PE besteht eben nicht nur darin, herausragende Inhalte zu schaffen, sondern eben auch darin, effiziente, realistische und gleichwohl funktionierende Wege zu finden, um diese vielen Menschen zu erreichen, zu interessieren und ihnen spezifische Kompetenzen und gezieltes Wissen zu vermitteln.

Wenn das gelingt, kann PE zu einem echten Innovationsmotor in Sachen neues Lernen und nachhaltigem Kompetenzaufbau mutieren. 

Menschen lernen höchst individuell und über unterschiedliche Kanäle. Der eine liest gerne, der andere hört lieber, wieder andere lernen gerne videogestützt. Manche mögen Präsenzveranstaltungen, andere empfinden sie als ineffektiv. Die eine ist digitala    fin, der andere weniger.

Effektives Lernen wird zunehmend individuell, es funktioniert am besten in kleinen Portionen, dem praktischen Einsatz eng folgend und im Idealfall bei freier Zeiteinteilung. Ein weites und höchst spannendes Feld.

Was also hindert PE daran, ein maximal individuelles Gesamtlernpaket für die wichtigsten Kompetenzfelder anzubieten oder bzw. und das innovativste, digitale, videobasierte Lernprogramm aller Zeiten zum Thema Führung, Organisation oder eben auch Lean und Teamboarding zu entwickeln? Erst einmal nichts, oder? Das wären echte Gamechanger.

Ich gebe zu, in dieser Dimension mag das zuallererst den ganz großen Playern vorbehalten sein. Vielleicht gibt es auch bald Gemeinschaftsentwicklungen, wer weiß. Ich selbst arbeite an solchen Formaten, denn hier wartet die Zukunft.

Das Nicht-Weglassen-Syndrom

Bei knappen Ressourcen bedeutet eine Fokussierung auf strategisch zentrale Themen auf der anderen Seite, andere Ziele, Themen und Inhalte hintenanzustellen.

Genau hier tun wir uns tendenziell schwer. Ich nenne das gerne das Nicht-Weglassen-Können-Syndrom. Wir erfinden immer neue und zusätzliche Dinge, lassen aber ungern etwas weg. So kommt immer alles obendrauf.

Darüber, warum uns das derart schwerfällt, lässt sich trefflich spekulieren. Wahrscheinlich hat es etwas mit Gewohnheit zu tun und mit Sorge. Die Sorge um die Wirkungen des Weglassens. Wir wissen nicht, was passiert, also was uns fehlt, wenn wir auf etwas verzichten. 

Ich verstehe das sehr gut. Allerdings ist das meines Erachtens sehr widersprüchlich. Auf der einen Seite kennen wir die Wirkung einer Maßnahme oder zum Beispiel einer Besprechung meist nicht, haben aber dennoch Angst davor, auf diese unbekannte Wirkung zu verzichten. 

Kurz und gut. Prioritäten setzen bedeutet Entscheidungen zu treffen. Für etwas, und gegen etwas. Eine klare Führungsaufgabe, wie ich meine.

In unserem Kontext würde ich die Kriterien für eine solche Prioritätensetzung klar definieren. Und zwar so: Wir werden nur noch die Personalentwicklungsmaßnahmen durchführen, deren Wirksamkeit wir objektivieren oder zumindest klar einschätzen können. Auf alle anderen Maßnahmen wird verzichtet. 

Unter der Bedingung von Knappheit lässt sich meines Erachtens keine andere Entscheidung treffen.

Abspann

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich hoffe, dass ich Ihnen in diesem kurzen Beitrag eine erste Idee davon vermitteln konnte, wofür wir Personalentwicklung in Zukunft dringend benötigen und was sie leisten könnte, wenn man sie ließe und ihnen die notwendigen Voraussetzungen bzw. Strukturen schaffen   würde. 

Selbstverständlich gäbe es noch viel mehr zu diskutieren und natürlich übernimmt PE darüber hinaus gehende Aufgaben mit konkreten Zielen. Trotzdem: Herausragende Behandlungsprozesse werden uns in den nächsten 10 Jahren sehr prominent beschäftigen. Der daraus resultierende neue Bedarf an echten, gezielten Führungs- und Organisationskompetenzen lässt sich nicht hoch genug einschätzen.

Ich bin überzeugt davon, dass die Personalentwicklung nur deswegen ein Stiefmütterchendasein führt, weil ihr Ziel nicht konkret definiert ist und deswegen Führung auch ihren Wert nicht erkennen kann. 

Personalentwicklung kann zu einer der wichtigsten Funktionen in der Krankenhausorganisation werden, wenn, ja wenn Führung ihre Bedeutung und den Wert von Kompetenz wirklich erkennt und die richtigen strukturellen Entscheidungen trifft.

In diesem Sinne verabschiede ich mich für heute von Ihnen. Wenn Ihnen diese Episode gefallen hat, empfehlen Sie diesen Podcast gerne weiter. Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Woche und ein geruh- und unterhaltsames Wochenende. Bleiben Sie gelassen und gesund.

Bis hoffentlich bald

Ihr Jörg Gottschalk

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