Episode 8: Störungsfallen

Warum Störungen Verschwendung produzieren und wie wir sie beseitigen

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In der 8. Episode von „das ist Lean Hospital“ geht es um Störungen. Ein ärgerliches Ding. Oft klein und unbedeutend. Bei hundertfachem Auftreten aber ein echter Prozess- und Motivationskiller. Im heutigen Krankenhausalltag wird kaum eine Tätigkeit ungestört erledigt. Die Beseitigung von Störungen bietet deshalb ein riesiges Potenzial für mehr Ruhe in der Arbeit, für verlässliche und stabile Prozesse und für die Reduktion von Verschwendung.

Episode 8: Störungsfallen
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Das Problem mit den Störungen

Wenn Sie sich noch erinnern, geht es in der Lean-Denke im Kern darum, möglichst fließende, störungs-, überlastungs- und verschwendungsfreie Abläufe zu schaffen und Mitarbeitenden zu ermöglichen, ihre Arbeit stets in einem Rutsch und ohne Unterbrechungen zu erledigen.

Ich will etwas erledigen – was es auch immer sei – das fange ich an und beende es, bevor ich etwas anderes tue.

Ob ich nun einen Arztbrief endredigiere, Blut abnehme, ein Patientengespräch führe oder meine pflegerische Morgenvisite abhalte: ich will den Vorgang beginnen und erledigen – in einem Rutsch.

Vermutlich sind wir uns schnell darin einig, dass das die effizienteste Möglichkeit ist, zu arbeiten. Schnell, sicher, unanstrengend.

Sobald ich aber in meiner Tätigkeit gestört werde, ob durch einen Patienten, ein Telefonat, einen Kollegen oder einen Notfall, werden immer Folgen eintreten. Manche treten unweigerlich ein, manche sehr wahrscheinlich.

Es entsteht zusätzlicher Aufwand, weil man niemals nahtlos an die alte Tätigkeit anknüpft. Es fällt immer zusätzlicher Zeitbedarf an. Es kommt also mehr Arbeit ins System. Unweigerlich. Die sogenannte Wiederaufnahmezeit.

Zweitens passieren mehr Fehler, weil Aufgaben nicht vollständig konzentriert ausgeführt werden. Es wird etwas vergessen , etwas bleibt unvollständig oder wird nicht korrekt ausgeführt.

Außerdem wird das System insgesamt instabil, weil das zeitliche Ende des gestörten Vorgangs ungewisser wird und deshalb andere, nachfolgende Tätigkeiten nicht zuverlässig und pünktlich auf dem vorangehenden Arbeitsschritt aufbauen können. Unzuverlässigkeit führt zwangsläufig zu noch mehr Unzuverlässigkeit, was in einem komplexen System unweigerlich ins Chaos führt. In das Chaos nämlich, das wir heute erleben. Wenn kaum etwas pünktlich fertig wird, ist immer Improvisation gefragt. Und Improvisation kostet sehr viel Zeit.

Schließlich kosten ewige Störungen Nerven. Arbeit wird anstrengender und benötigt mehr Energie. Die meisten Menschen sind nicht nur für Chaos nicht geschaffen, sondern auch für ständige Unterbrechungen nicht. So will einfach niemand gerne arbeiten.Jede kleine Störung für sich genommen ist unproblematisch. Wenn aber 500 Mitarbeitende an einem einzigen Tag zehn- oder fünfzigmal gestört werden, dann erschließt sich die gesamte Dimension des Problems.

Das ist Lean Hospital
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Kleine Schritte

Das Problem lösen wir in der Denke des Lean Hospital nicht dadurch, dass wir nun ein großes Konzept erstellen, wie Störungen unternehmensweit beseitigt werden. Wir sammeln nicht einmal unternehmensweit sämtliche Störungen.

In der Komplexität von Krankenhausorganisation wäre das verschwendete Lebenszeit, weil stets eine Störung die nächste Störung nach sich zieht. Dann verzögern sich Prozesse – mit ungewisser Wirkung in die Organisation hinein. Vereinfacht gesagt bedeutet das: diese riesige Organisation würden wir niemals durchblicken.

Stattdessen gehen wir in kleinen Schritten vor und bringen jeden kleinen Schritt sorgfältig in die Routine. Nur so hält Verbesserung auch an.

Wir nehmen uns eine Störung nach der anderen vor und schauen, was passiert. Ob es funktioniert. Ob andere Prozesse oder Bereiche in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir experimentieren.

Wenn beispielsweise Patienten mehrmals täglich nur wegen einer Frage oder einer Flasche Wasser den Notrufknopf betätigen mit der Folge, dass eine Pflegende ihre Arbeit unterbricht und dem Notruf folgt, dann könnte man regelmäßige, uhrzeitlich bekannte Servicerunden einrichten und so das Ausmaß des Klingelns drastisch reduzieren. Damit wäre bereits ein Beitrag zur Vermeidung von Störungen geleistet. Nicht alle Störungen wären verschwunden, nicht einmal jedes Patientenklingeln. Aber doch einige. Der Zustand der Organisation wäre definitiv besser als zuvor.

Wenn wir die Ursache einer Störung nicht beseitigen können, dann kann man vielleicht mindestens dafür sorgen, dass sie wenigstens nicht auf eine Person „in Arbeit“ durchschlägt. 

Auch hier ein Beispiel: wenn vier Pflegende ihre Morgenrunde erledigen und dabei alle ständig durch Telefonate gestört werden, könnte man drei Pflegende in die Morgenrunde schicken und eine Pflegende abstellen, nur um Störungen von den Kollegen und Kolleginnen fernzuhalten. Insgesamt würde sich dadurch ein drastischer Zeitgewinn einerseits und eine erhebliche Erhöhung der Gesamtstabilität einstellen. Einmal abgesehen davon, dass Arbeit besser, ruhiger und weniger belastend abläuft.

Initiative Störungsbeseitigung

Für Verbesserungsarbeit einer Station bedeutet das, dass die Teammitglieder eine Initiative beginnen mit dem Ziel, dem Störungsfeind zu Leibe zu rücken.

Sie würde Störungen erheben und sammeln. Dann würde das Team in den nächsten Wochen Stück für Stück dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden ihre Aufgaben sehr viel öfter als zuvor ungestört und in einem Rutsch erledigen können.

Die Beseitigung von Störungen wäre also ihr Verbesserungsziel, weil die Mitarbeitenden sehr genau um die Wirkungen wissen. Sie wissen, dass sie Zeit gewinnen, weniger Fehler begehen, zuverlässiger arbeiten und sich außerdem selbst besser fühlen. Also ist Störungsbeseitigung ein sehr gutes Ziel. Und es gibt Vieles, dass sich angehen lässt.

Zwei Beispiel habe ich genannt. Was ist zum Beispiel mit den armen Ärztinnen und Ärzten, die in einem kleinen Arztzimmer zu fünft sitzen und jeden Tag verzweifelt versuchen, in Ruhe zu dokumentieren oder einen Arztbrief zu diktieren. 

Welche Optionen lassen sich finden, um das ungeplante Ansprechen von Ärzten durch ungeduldige Angehörige zu vermeiden? 

Warum müssen Pflegende ihre Arbeit unterbrechen, um fehlende Informationen einzuholen, weil die Anordnung wieder unvollständig im System ist oder sie die Handschrift einer Ärztin nicht entziffern können. Oder eines Arztes natürlich. 

Warum muss jetzt – ganz plötzlich – ein Patient ganz schnell und ungeplant entlassen werden? 

Fragen über Fragen. Die Antworten führen uns von „leicht und schnell zu machen“ bis zu „aufwendigen, kaum lösbaren Lösungsvarianten“.

Der entscheidende Punkt in der Lean-Denke ist jetzt nicht, dass wir immer nur die großen Brocken versuchen zu lösen. Und uns daran vielleicht die Zähne ausbeißen. In der Lean-Denke führt uns jeder Fortschritt, in diesem Kontext also jede Störungsvermeidung dazu, dass die Organisation ein klein wenig besser wird. 

Etwas weniger Aufwand. Etwas weniger Unberechenbarkeit und mehr Zuverlässigkeit. Etwas weniger anstrengend. Etwas weniger fehleranfällig.

Soll heißen: eine Organisation macht Fortschritte.

Störungen sind tatsächlich ein ziemlich großes Thema mit extrem viel Potenzial.

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Der Roman beschreibt die Entwicklung eines ganz normalen Krankenhauses auf dem Land, das sich in kürzester Zeit aus dem engen Regiment eines börsennotierten Krankenhauskonzerns befreit und sich zu einem selbständigen, wirklich patienten-, versorgungs- und mitarbeitergetriebenen Krankenhaus entwickelt. Dieses Krankenhaus will anders sein als die anderen. Besser für seine Patienten und für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und wirtschaftlicher. Es hat eine klare Idee von seiner Zukunft.

Der Hauptprotagonist des Romans, Felix Bender, ist Geschäftsführer eben dieses Melbecker Krankenhauses, als der Start-up-Milliardär Björn Meiersiek das Krankenhaus übernimmt. Dessen Ziel ist klar: den Grundstein für einen Krankenhauskonzern legen, der das Patientenwohl wieder in den Mittelpunkt stellt. Gemeinsam mit der Ärztin Luise Pickart macht er sich daran, das Unternehmen von Grund auf umzukrempeln. Felix Bender, in den traditionellen Sphären der Konzernkrankenhauswelt großgeworden, taucht, quasi über Nacht, ein in eine völlig neue Welt, in der die alten Regeln der Krankenhausführung auf einmal nicht mehr zu gelten scheinen. Er durchlebt im Eiltempo seinen ganz persönlichen Entwicklungsprozess, während er gemeinsam mit Luise Pickart und dem jungen Lean Manager Steffen Ganz seine Organisation konsequent neu erfindet.

Schlussbemerkungen

Wir sind für diesen Podcast schon am Ende angekommen.

Wenn Sie mehr über Lean Hospital und Störungen erfahren möchten, werfen Sie gerne einen Blick in mein neues Buch mit dem gleichnamigen Titel „das ist Lean Hospital.“ 

Falls Sie Sachromane mögen, empfehle ich Ihnen meinen Roman zum Thema Lean. Der Titel lautet Krankenhaus Melbeck – Disruption.

Beide Bücher sind im Buchhandel als Printbook und eBook erhältlich. 

Weitere Informationen finden Sie selbstverständlich auf www.dikademy.de

Ich hoffe, wir hören uns bald wieder. Bleiben Sie mir gewogen, empfehlen Sie diesen Podcast gerne weiter. Schreiben Sie gerne einen Kommentar. 

Eine schöne Restwoche. Bis in zwei Wochen.

Ihr Jörg Gottschalk



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